Der Pianist

Abb.: Meshwork, 3d Rendering, 2020

 
Novocento
 
»Stell dir vor: ein Klavier. Die Tasten fangen an. Die Tasten hören auf. Du weisst, dass es achtundachtzig sind, da kann dir keiner was vormachen. Sie sind nicht unendlich. Du bist unendlich, und in diesen Tasten ist die Musik unendlich, die du machen kannst.«
 
Einmal Pianist zu werden ist der Traum, der mich als besondere Form des Bewusstseins seit frühen Jahren begleitet. Es blieb ein Traum. Zufall und vielleicht fehlten auch Talente. Nun habe ich durch Zufall den Monolog von »NOVECENTO« von Alessandro Baricco, die fiktionale Legende vom Ozeanpianisten gelesen. Noch nie zuvor habe ich dem abstrakten Bindeglied zwischen Erzähltem und Gemeintem so viel Vertrautes abgewinnen können.

Novecento begegnete dem Zufall, hatte Talent, spielte sein Leben lang Piano auf dem Ozean auf einem Passagierschiff mit dem Namen »Virginian«. Doch eines tut der Virtuose dabei nie: sein Zuhause, das Passagierschiff, verlassen … »Denn man kann zwar von Bord eines Schiffes gehen, aber vom Meer ...«

»Wie heissen Sie noch mal?
»Novecento.« »Nosjinskij, Notarbartolo, Novalis, Nozza …«
»Es ist nämlich so, dass ich auf einem Schiff geboren bin.«
»Wie bitte?« »Ich bin auf deinem Schiff geboren und da auch gestorben, ich weiss nicht, ob das da aus der Liste hervorgeht …«
»Schiffbruch?«
»Nein. Explodiert. Dreizehn Zentner Dynamit. Bum.

Alessandro Baricco, der Autor des Textes schreibt in seinem Vorspruch zum Buch: »Ich habe diesen Text für einen Schauspieler, Eugenio Allegri, und einen Regisseur, Gabirele Vacis, geschrieben. Sie haben ein Schauspiel daraus gemacht, das auf dem Festival von Asti im Juli dieses Jahres (1994) Premiere hatte. Ich weiss nicht, ob das ausreicht, um zu behaupten, ich hätte ein Theaterstück geschrieben, ich habe da meine Zweifel. Jetzt, da ich es in Buchform sehe, scheint es mir eher ein Text zu sein, der auf dem schmalen Grat zwischen einem richtigen Bühnenstück und einer laut zu lesenden Erzählung schwankt. Ich glaube nicht, dass es einen Namen für diese Art von Texten gibt. Aber egal. Ich finde, es ist eine schöne Geschichte, die es wert war, erzählt zu werden. Und der Gedanke, dass sie jemand lesen wird, gefällt mir.«

Kaufen und lesen Sie dieses grossartige Buch. Steht alles drin. Das Buch wurde vom Regisseur von »Nuovo Cinema Paradiso«, Giuseppe Tornatore, verfilmt.

Ich höre dann also noch etwas
dem Piano zu.