Quotes
TESLERS SATZ
Diesen »Satz« hat mir erstmals Larry Tesler vorgeschlagen, ich nenne ihn deshalb Teslers Satz: Al ist alles, was noch nicht getan wurde.
Douglas Richard Hofstadter, Physiker, Informatiker und Kognitionswissenschaftler (Gödel Escher Bach)
EXTREMSITUATIONEN
Warum begeben sich Menschen überhaupt freiwillig in solche Extremsituationen? Das ist in der Tat verwunderlich. Es ist eine Art Religion: Man begibt sich auf einen Leidensweg, und wenn man den übersteht, folgt die Erlösung. Das scheint mir nach all den Jahren eine plausible Argumentationslinie. Allerdings: Wer Extremsituationen erleben will, kann auch einfach eine Familie gründen – wenn dann noch die Kita geschlossen ist, kommt man auch an Grenzen.
Hanns-Christian Gunga, Experte für Weltraummedizin und extreme Umwelten
RELATIVIERT
Zugleich möchte ich betonen, dass Architektur den grossen politischen Krisen und Aufbrüchen folgt. Unsere kreativsten Projekte entstanden zweifellos in den Jahren von 1989 bis 1991 in der Zeit zwischen dem Fall der Mauer und dem Ende der Sowjetunion. Eine historische Periode von unglaublicher politischer Fantasie, die direkt unsere besten Arbeiten inspirierte. Das relativiert auch den Mythos, ein Architekt sei ein besonderes Genie. Er ist ein Produkt seiner Zeit und muss vor allem in der Lage sein, mit den Umständen zurechtzukommen.
Rem Koolhaas, Architekt
EIN HAPPY END?
Wenn ich irgendwann hier im Laden einfach von der Leiter falle. Es würde gut passen, der letzte Augenblick zwischen vollen Regalen. Ich bin mein ganzes Leben lang von Büchern behütet gewesen.
Antiquar Riewert Quedens Tode
DON QUIJOTE DES ZEITGENÖSSISCHEN WISSENS
Da sie ihrer erhabenen Gegenstände beraubt und durch andere Formen des Wissens bedroht ist (aus den Sozial- und Naturwissenschaften gleichermassen), ist die Philosophie zu einer Art Don Quijote des zeitgenössischen Wissens geworden, der einen eingebildeten Kampf gegen die Projektionen seiner Vernunft kämpft; oder zu einem Narziss, versunken in die Phantome seiner Vergangenheit, die nur mehr leere Erinnerungen in Provinzmuseen sind.
Emanuele Coccia in »Die Wurzeln der Welt«, Professor für Philosophiegeschichte
GEHRINÄHNLICHE DINGE
Allerdings lassen sich generative KI-Systeme, die auf neuronalen Netzen und menschlichen Trainingsdaten basieren und mit Vorhersagen arbeiten, nur bedingt für die Wissenschaft einsetzen. Zwar könnten sie menschliche Erfindungen wie die Sprache gut vorhersagen. Bei Naturphänomenen stossen sie jedoch an Grenzen, da viele physikalische Prozesse nicht im Voraus berechnet werden können. KI-Modelle sind eben »gehirnähnliche Dinge, die gehirnähnliche Dinge tun«. Es gibt keine Garantie, dass sie die natürliche Welt verstehen können.
Stephen Wolfram, Physiker und Informatiker
HOFFNUNG
Viele Leute denken, ein Gerüst sei nur ein Haufen Metall, aber das stimmt nicht. Es kann ein Kunstwerk sein. Wenn ich eines zeichne, füge ich Rohre hinzu, die es statisch gar nicht braucht, damit es schöner aussieht. Weil ich möchte, dass es dem Monument gerecht wird, das es umgibt.
Die bange Frage, warum es in diesem Wald noch keinen Kontakt zu anderen Bewohnern gegeben hat, beantwortet er mit: Vorsicht. Seine Kosmosoziologie fusst auf zwei Annahmen über zu Zivilisation geronnenes Leben.
Erstens: Das höchste Ziel von Zivilisation ist ihr eigenes Überleben.
Zweitens: Zivilisation wächst und muss sich ausbreiten.
Zivilisationen – im Sinne eines Kollektivs, das bemüht ist, seine Lebensbedingungen durch Technik und Fortschritt zu verbessern – befinden sich also nicht nur auf der Mikroebene (in diesem Fall der Planet Erde) in Konkurrenz, sondern auch im Universum.
KROKODILLISCH
Sollte ein Mensch bei einer unerwarteten Begegnung mit einem Krokodil Krokodilisch können, dann ist es vermutlich zu spät für Konversation.
Ross Dwyer, Ökologe
Regel: Ein Stein auf zwei, zwei Steine auf einen!
HEU
Mach Heu, solange die Sonne scheint.
Jason Statham, Schauspieler
Das »Problem der speisenden Philosophen« (englisch: Dining Philosophers Problem) – Es handelt sich dabei um ein Beispiel aus dem Bereich der theoretischen Informatik, das das Problem der Nebenläufigkeit und die Gefahr der Verklemmung von Prozessen veranschaulicht:
Fünf Philosophen sitzen um einen Esstisch, vor sich je einen Teller mit Pasta und links und rechts je eine Gabel, die beide gebraucht werden, um dieses spezielle Mahl zu verzehren. Jeder der Philosophen kann zu einem gegebenen Zeitpunkt nur entweder essen oder denken, und wenn gerade ein Nachbar isst, fehlt eine Gabel. Die Nebenläufigkeitsfrage dabei lautet also: Gibt es, wenn keiner der Philosophen je vorher weiss, ob und wann ein anderer gerade essen wird, ein Schritt-für-Schritt-Tischverhaltensverfahren für alle fünf, das sicherstellt, dass keiner verhungert?
Edsger Dijkstra
Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele.
Pablo Picasso
Schwung holen, Höhenflüge erleben, auf den Beistand anderer hoffen und das flaue Gefühl beim Abschwung hinnehmen lernen. (...)
Leider muss man als Autor damit leben, dass oft nur der Titel eines Buches zur Kenntnis genommen wird. Der Untertitel ist für viele schon zu viel Lektüre. Mein Buch hiess: »Glück. Alles, was Sie darüber wissen müssen, und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist«.
Wilhelm Schmid, Philosoph
KEIN BLATT VOR DEN MUND
Die Protagonisten von Aristophanes' Komödien sind Typen – Männer und Frauen – ohne Besitz und edlen Stammbaum, von Schulden erdrückte Schelmengestalten, die lügen und betrügen, um keine Steuern bezahlen zu müssen, sie sind kriegsmüde, haben Lust auf Sex und Gelage, sie nehmen kein Blatt vor den Mund und sind vielleicht keine Hungerleider, träumen aber stets davon, sich den Bauch mit Linsen, Fleisch und Kuchen vollzuschlagen.
Irene Vallejo in PAPYRUS
VARIATIONEN
Die Erfindung einer Maschine, die nicht nur Geschichten, sondern auch alle ihre Variationen schreiben kann, ist daher ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Sie ist mit der Erfindung des Buchdrucks verglichen worden. Ein passenderer Vergleich wäre vielleicht, was die Menschheit lange vor dem Buchdruck, der Schrift oder gar den Höhlenmalereien geprägt hat: die Kunst des Geschichtenerzählens.
Informatiker & KI-Forscher Léon Bottou
FLATTERNDE RAUMZEIT
Stell dir vor, die Gravitation wäre wie das Wetter: Manchmal ist es vorhersehbar, manchmal ändert es sich plötzlich und unerwartet. Oppenheim denkt, dass die Raumzeit – das ist der »Stoff«, der nach Einsteins Theorie die Gravitation erzeugt – sich ähnlich wie das Wetter verhält. Sie »flattert« oder schwankt unvorhersehbar.
Diese Schwankungen beeinflussen die kleinsten Teile der Materie, die physikalischen Teilchen. Normalerweise kann man vorhersagen, wie sich diese Teilchen bewegen, aber wegen des »flatternden« Verhaltens der Raumzeit können sie sich unerwartet verhalten.
Diese Idee hilft, ein altes Rätsel zu lösen, das der berühmte Physiker Richard Feynman schon in den 1950er Jahren beschrieben hat. Es geht darum, dass manche Dinge in der Physik schwer zu erklären sind, wenn man annimmt, dass alles immer gleich und vorhersehbar ist. Mit Oppenheims Idee, dass die Raumzeit zufällig flattert, könnten solche Rätsel gelöst werden.
ChatGPT (12/2023)
Ein Konservativer ist ein Liberaler, der von der Realität überfallen wurde.
Zwischentitel in FAZ, Artikel Torben Lütjen
PESSIMISMUS ODER OPTIMISMUS
Pessimismus oder Optimismus in Bezug auf die Zukunft haben weniger damit zu tun, welches Mass an Katastrophen oder an Reichtum wir in ihr erwarten, als damit, wie viel Einfluss wir auf diese Zukunft zu haben meinen. Je mehr Einfluss wir glauben zu haben, desto optimistischer sind wir. Einfluss wiederum ist keine objektive Tatsache: Es ist eine Wahrnehmung, die sich direkt daraus ergibt, wie viele Optionen wir uns für die Zukunft ausdenken können. Je mehr Optionen, desto größer der Handlungsspielraum, desto mehr Optimismus.
Florence Gaub
KRASSER
Machen ist wie Wollen, nur krasser.
Titelzeile in FAZ
WENN WORTE WEHTUN
Erst verbannen wir das Wort, dann verbrennen wir das Buch, zuletzt ermorden wir den Autor.
Andreas Steinhöfel
DON'T WORRY
I don’t worry about the future. I worry if I’m gonna make it to lunch.
Michael Caine
TANZ DER MANGROVEN
Der Tanz der Mangroven öffnet ein Tor durch die Wahrsagungstafel (opon ifa) in die Lebenswelt der Mangrovenbäume der Lagune von Lagos.
Erläuterungstext zur Videoinstallation "A Dance of the Mangroves" von Dele Adeyemo an der Architektur Biennale 2023 Venezia
GEFÜHLE
Wenn die Architektur keine Gefühle mittransportiert, dann führt sie in die Psychose. Rhael "Lionheart" Cape (aus seinem Gedicht "Those with Walls for Windows")
REIF & STOLZ
Wirklich reif zu sein, heisst, stolz auf die eigenen intellektuellen, moralischen, menschlichen Fähigkeiten zu sein.
Otto Kernberg, Psychoanalytiker
LÖCHER
An Schulen gibt es grössere Löcher als die in den Jeans.
Titel eines Gastkommentars zur »Debatte über Kleiderordnung« im DER SPIEGEL
EIN FRAGE AM RANDE
Was ist eigentlich für Sie das Gegenteil von Identität, und wie fühlt sich das an?
Ich frage das, weil eine tiefe Erfahrung meines Lebens – und, nebenbei bemerkt, auch Inhalt von 44 Semestern universitärer Lehrtätigkeit – ist, dass sich Meinung nicht in der Zustimmung, sondern im Widerspruch und in Bezug auf den jeweils anderen bildet: Man muss den Widerspruch formulieren, um die Position des Gegenübers verstehen zu lernen. Das Ergebnis ist allemal offen.
Thomas Fischer (Rechtswissenschafter und ehemaliger Richter)
RE-DESIGN
So, as Bruno Latour has said, architectural design is only ever re-design, a form of bricolage. Re-use is not so much a subset of new-architecture, as Modernism would have it, re-use is the only condition we have. Every piece of land has been occupied or inhabited, whether by agriculture, exploitation or settlements. New buildings are simply another way of re-using the land and of re-using knowledge. At the heart of bricolage lies the inventory of existing material and means. If the task is at the scale of an individual maker the inventory is ostensibly simple: materials and tools. When looking at a larger scale the architect’s inventory is the survey, both record and fiction; an Atlas.
VITAL
Man sollte vital resignieren.
Gehard Polt
MELTDOWNS
Die Entertainment-Welt funktioniert nach dem einfachen Prinzip von Empörung und Vergebung, Fehler und Reue. Es ist Teil der Jobbeschreibung von Popstars, Schauspielerinnen und Schauspielern und anderen Clowns, sich danebenzubenehmen. Das hilft dem Publikum, sich in der Welt zurechtzufinden, sich zu definieren. Es ermöglicht, Haltungsnoten zu verteilen. Hat jemand irgendetwas gesagt, was man nicht sagen darf? Oder darf man es doch sagen? Muss er oder sie sich schämen? Die grossen Momente dieser Sphäre sind die Meltdowns.
Tobias Rapp, Redakteur im Kulturressort DER SPIEGEL
BOOKS & BUILDINGS
Books last longer than buildings.
Peter Eisenman, Architekt
GIERIG
»Wir waren nicht naiv, wir waren zu gierig. Es wurde zu viel Geld verdient auf dem Rücken von Menschen in fernen Ländern. Wir haben die Natur in einer Art und Weise ausgebeutet, die nicht zu akzeptieren ist.«
Margrethe Vestager, Vizepräsidentin der EU-Kommission
WENDUMGEN & MODEVOKABELN
SPIEGEL: Welche Wendungen und Modevokabeln gefallen Ihnen ausser »Demut«
Schmidt: »Da bin ich bei dir« mag ich. »Am Ende des Tages«. Auch: »Wir müssen das noch mal neu denken.« Und ich »lese« natürlich gerne Geschlechter. Das gefällt mir so wahnsinnig gut, dieses Lesen, das bringt die Gesellschaft insgesamt weiter. Wenn man nicht mehr sagt: »Hallo, was sind denn das für zwei geile Schlampen am Nebentisch?« Sondern: »Da sitzen zwei Menschen, die ich als sehr lebenslustige Frauen lese.« Sofort ist da ein ganz anderer gesellschaftlicher Zusammenhalt.
Harald Schmidt, aus DER SPIEGEL, Interview
MACHT
Meine These ist, dass mehr Frauen in der Politik ein untrügliches Zeichen dafür sind, dass die Macht von dort längst abgewandert ist. In Richtung Technologie und in Richtung Wirtschaft. Und dort sind so gut wie keine Frauen. Das ist ein ungelöstes Problem.
Doris Mathilde Lucke, Soziologin
AUFMERKSAMKEIT
Ästhetik ist die Aufmerksamkeit für das Muster, das verbindet.
Gregory Bateson
MONDUHR
Etwa 20 Minuten bleiben der Meeresmücke Clunio, um aus der Puppe zu schlüpfen, einen Partner zu finden, sich zu paaren und Eier abzulegen. Dann stirbt sie. Vor allem die Partnersuche scheint in so kurzer Zeit ein unüberwindbares Hindernis zu sein. Doch wie hat es das Insekt dann geschafft, in den Felswattpfützen der Brandungszone fast der ganzen Welt zu überleben? Sie besitzt eine Monduhr, die ihr und allen potenziellen Partnern den gleichen optimalen Schlupfzeitpunkt diktiert: Nur bei den geringsten Wasserständen, die exakt alle 14,76 Tage auftreten, liegt der Algenteppich in den Pfützen so lange trocken, dass die Insekten ihr 20-minütiges Erwachsenenleben zu einem erfolgreichen Ende bringen und die Eier der nächsten Generation an die Wasserpflanzen kleben können. Dort reifen die Nachkommen heran und warten, bis zwei Wochen später die Pfütze wieder trocken fällt.
PETER SPORK in das Uhrwerk der Natur
GROSSE IDEEN
Ich muss grosse Ideen schaffen, und ich glaube, wenn man mir den Auftrag erteilte, ein neues Universum zu planen, ich wäre so verrückt, das zu tun.
Giovanni Battista Piranesi, Italienischer Kupferstecher,
Archäologe und Architekt, 1720–1778
VERNEIGEN
Micel Houellebecq hat so ziemlich das Äusserste an Skeptizismus vollbracht, das man einem Gegenwartsschriftsteller noch zutrauen mag. Mit Hohn und Spott, mit Treffsicherheit und Verachtung hat er die Landschaften vieler gutgemeinter, biedersinniger und das Leiden der Welt nur beschwichtigender Überzeugungen durchpflügt, ohne dabei etwas darauf zu geben, wenn man ihm Menschenfeindlichkeit unterstellt. Aber-, womöglich letztmals wird man Zeuge, wie ein gewaltig überlegenes Gehirn sich eines Daseins bemächtigt, auf dem wohl bald gar kein Segen mehr ruht, und kann sich vor diesem verkappten Humanisten, diesem wirklich freien Geist nur verneigen.
Edo Reents, F.A.Z., Feuilleton
BLOSS STEIGBÜGELHALTER FÜR ETWAS GRÖSSERS
Die Menschheit ist bloss Steigbügelhalter für etwas Grösseres. (...) Die vom Menschen dominierte Geschichte wird wohl enden.
Jürgen Schmidhuber, Direktor Institut für Künstliche Intelligenz IDSIA
TEEKANNENEFFEKT
Der »Teekanneneffekt« – ein uraltes Problem: Wird Tee zu langsam aus einer Kanne gegossen, tropft er aussen herunter. Schuld ist österreichischen Forschenden zufolge die Kante am Schnabel der Kanne: Dort bildet sich ein Tropfen, und von seiner Grösse hängt das Tempo ab, mit dem der Tee aus der Kanne fliesst. Ist er zu klein, kann der Tropfen den gesamten Strom um den Rand herumleiten.
higgs Magazin
WISSENSCHAFT
Wir müssen unsere Kinder zu offenem Denken erziehen. Sie müssen lernen, Widersprüche und verschiedene Meinungen auszuhalten. Sie müssen verstehen, dass Wissenschaft kein Inhalt ist, sondern eine Methode. Und dass es auch in der Wissenschaft keine Wahrheit gibt, sondern immer nur mehr oder weniger plausible Erklärungen, die sich in einer Diskussion und im Disput herausbilden.
Gerhard Roth, Neurowissenschaftler
DATUM
Ein Datum kann ich Ihnen nicht nennen, weil wir nicht wissen, was für Virusvarianten noch kommen werden. Grundsätzlich kann man aber sagen: Die Pandemie ist vorbei, wenn Vorsichtsmassnahmen wie Masken, Luftfilter und, falls notwendig, auch Impfen selbstverständlich geworden sind und zu unserem Leben dazugehören, sodass wir uns keine Gedanken mehr darüber machen.
Viola Priesemann, Physikerin
WEISHEIT INDEX
Seine sieben dabei verwendeten Dimensionen von Weisheit nennt Jeste Selbstreflexion, Emotionskontrolle, Toleranz, Zugewandtheit, Entschlossenheit, Spiritualität und Um-Rat-gefragt-Werden. Er hat sie auch im Gehirn verortet – Empathie, Altruismus und Kooperation beispielsweise im präfrontalen Cortex, positive und negative Emotionen in der Amygdala und Triebkontrolle im limbischen System.
Hildegard Kaulen über Neuropsychiater Dilip Jeste
LÜGNER
Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.
Buchtitel von Philosoph Heinz von Foerster & Journalist Bernhard Pörksen
BOOMERS ONLY
Die Webseite Emojipedia schrieb kürzlich in einem Blogbeitrag: »Es gehört zum Allgemeinwissen auf Tiktok, dass das Tränen lachende Emoji nur etwas für Boomers ist.«
Benjamin Weinmann, ch media
VERTRAUEN
Zen-Übung für Väter: Wenn der Lebensentwurf des Nachwuchses in eine ganz andere Richtung geht – nicht durchdrehen. Ich wollte auch nicht so sein wie mein Vater. Wie verlogen ist diese Reklame, wo ein erschreckend fitter Graubart seinem perfekten Sohn in Segelschuhen die Leine der Holzjolle reicht. Beide lachen sich an, sehen gesund aus, frisch und erfolgreich. Sie werben für Lebensversicherungen oder Uhren. Ich habe kein Segelboot, nicht mal einen teuren Chronometer zum Weiterreichen. Na und? Ist doch fürchterlich, wenn Kinder das Leben der Eltern nachspielen. Wenn sie ihr eigenes Ding machen, ist es aber auch nicht besser. »Die kostbarste Ressource auf der Welt ist Vertrauen«, hat ein Klugscheisser von Kommentator mal posaunt. Der war ich.
Hajo Schumacher, Journalist & Autor
BAUKULTUR
Mit dem Begriff Kultur ist die Art gemeint, wie eine Gruppe von Menschen gewisse Dinge tut: wie sie grüßt, wie sie isst, wie sie sich kleidet, welche Kunst sie produziert und konsumiert, wie sie baut und diese Bauten nützt. Kultur ist somit das, was alle tun und wie sie es tun – nicht das, was nur wenige tun.
Vierter Baukultur Report, Wien
PULLOVER
Alpaka brauchen keine Pullover. Sie sind aus Pullover gemacht.
Jan Philipp Zymny, Poetry Slammer
ZURUF
SPIEGEL: Sie sind jetzt nicht mehr nur ein Wissenschaftler. Sie sind Nobelpreisträger. Als solcher hat Ihr Wort fortan ein besonderes Gewicht.
Hasselmann: Oh je, das muss ich wohl noch lernen. Als Nobelpreisträger sollte ich den Delegierten in Glasgow jetzt wohl zurufen: »Die Zeit drängt! Es muss endlich gehandelt werden!« Aber sagen wir das nun nicht schon seit 30 Jahren?
Klaus Hasselmann, Klimaforscher & Meteorologe
ZORN
Zorn ist eine Form der Begeisterung, eine Art Liebe.
Peter Handke
WIE IMMER SCHON
Ich fühle mich schlecht wie lange nicht und merke, aha: wie immer schon.
Benjamin von Stuckrad-Barre
NERO
In the end, Nero was perhaps simply unlucky. A radical change of perspective helps to put his reign into a much wider context: Louis XIV of France (1638–1715) was another youthful, Apolline 'Sun King' who took to the stage. Yet Louis permanently defeated a rebellious nobility and went on to long an glorious reign. Discarding the familiar tales about Nero's life comes at a loss, but it frees the mind to engage anew with a society that had a profound an inspiring impact on European art and history. A more rational Nero, victim as much a perpetrator, remains just as fascinating at the monster of old.
Thorsten Opper, Nero – the man behind the myth
ALLES EXZENTRISCHE
Alles Exzentrische ist nur erträglich, solange es unverbraucht ist.
Behält man es auch in Not und Elend bei, so wirkt es peinlich und abschreckend.
Maurice Druon, La Contessa
ANDERSWOHER
»Ich gehöre nirgendwohin, denn ich bin anderswoher« – wie der Pole Stanislaw Lem zur globalen Science-Fiction-Ikone wurde.
Titel im NZZ Feuilleton
POETE HISTORIEN PHILOSOPHE IL AGRANDIT L’ESPRIT HUMAIN ET LUI APPRIT QU’IL DEVAIT ETRE LIBRE (Als Dichter, Historiker, Philosoph machte er den menschlichen Geist grösser und lehrte ihn, dass er frei sein soll)
Sarkophag Inschrift Voltaire
HUNGRIG NACH ZÄRTICHKEIT
Die Psychoanalyse hat sei je ihre Machtlosigkeit im Kampf gegen derartig tief verwurzelte Krankheiten erklärt; doch eine Zeitlang habe ich gewisse Hoffnungen an Rebirthing und Urschrei geknüpft …, ohne jeden Erfolg. Jetzt habe ich die Gewissheit: Bis zu meinem Tod bleibe ich ein vernachlässigtes Kleinkind, das, hungrig nach Zärtlichkeit, vor Angst und Kälte schreit.
Michel Houellebecq
AUF JEDEN FALL
Wollen Sie selbst nochmal etwas anderes machen? Auf jeden Fall. Ich stelle mir eine Weltstadt vor, vielleicht London, Paris, Kyoto. Da dann einen kleinen Laden haben, den ich um Mitternacht aufmache. Und dann auch mal zumache, wenn ich nicht will. In Santander gab es mal eine ziemlich gute Bar, da hat der Besitzer manchmal an die Tür geschrieben, heut bin ich zu müde. So würde ich das in meiner Bar auch machen: Komme heute nicht, komme morgen oder übermorgen. Und da gibt es dann zu essen und zu trinken. Für die Leute, die das Leben verloren haben.
Bar-Betreiber Charles Schumann
SCHAUEN
Schaut zu den Sternen und nicht auf eure Füsse.
Stephen Hawking
LESEN
Ich lese im Liegen. Das ist ein ganz harter Test. Wenn das Manuskript nichts taugt, schlafe ich sofort ein.
Verleger Klaus Schöffling
ORDNUNG
Ordnung ist ein instabiler Zustand, den Unordnung stets bedroht. Ununterbrochen verweisen diese Zustände aufeinander, jeder als Abweichung vom anderen.
Ror Wolf
WIE TINDER
Die Corona-App ist im Grunde wie Tinder rückwärts. Erst trifft man sich. Dann meldet die App ein Match. Und kurz darauf fühlt man sich sehr einsam.
@admiral_slow App-Bewertung im Apple Store.
DREI SEITEN
Jedes Ding hat drei Seiten. Eine positive, eine negative und eine komische.
Karl Valentin
oder
Jedes Ding hat drei Seiten. Eine, die du siehst, eine, die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.
Chinesisches Sprichwort
DIE NATUR?
Ich sehe ein Zeitalter der Moralität auf uns zukommen, wobei ich das nicht frömmlerisch verstanden haben will. Aber die Aufmerksamkeiten verschieben sich: Die Lustorientierung, das schnelle Befriedigen von (Konsum-)Bedürfnissen werden nicht mehr so im Zentrum stehen. Denn die Pandemie hat gezeigt, was wirklich wichtig ist: das Soziale, die Natur.
Die Natur? Ja, die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie sehr wir von der Natur abhängen, wie verletzlich wir sind, wenn sich die Natur aufbäumt. Zum Beispiel in Form eines Virus. Oder in Form von Dürren und Überschwemmungen in Folge der Erderwärmung.
Matthias Horx
AUGENMENSCH
Ich denke, dass Imaginierenkönnen hat mit Versenkung zu tun, man muss sehr viel versenkt haben an Eindrücken, Bildern, Erfahrungen, Schmerzen, Lüsten, an Leben; und das Versenken wiederum hat mit Geduld oder Zeit zu tun oder mit »Läuterung« – ein Wort, das ich lieber vermeiden möchte, weil ihm leicht ein falscher Klang anhaftet. Statt von Läuterung ziehe ich es vor, von Erinnerung zu sprechen, wenn man darunter die geheimnisvolle Verwandlung von Lebensstoff in jenen anderen, von allem Anekdotischen, Biographischen und Subjektiven befreiten, ja vom Anlass und damit Begründbaren abgelösten Aggregatzustand verstehen will, der mehr mit Bildern als Worten gemein hat, aus welchem aber Dichtung entsteht.
Paul Nizon
MÜNDUNG
Von Stéphane Mallarmé stammt der Satz: »Alles auf der Welt existiert nur, um in ein Buch zu münden.« Er hat ihn zu seinen Lebzeiten mehrfach wiederholt, was bei einem Mann, der äusserst sparsam, ja asketisch mit dem Wort umging, darauf hindeutet, welche grundsätzliche Bedeutung er ihm beimass...
Marianne Kesting
DESIGNPROZESS
Design erhöht den Geist des Ortes und ermöglicht dem Menschen, Teil davon zu werden." Dan Pearson, ein zurückhaltender Mensch, ist sehr ernst, wenn er über seine Arbeit spricht. "Die Natur heisst uns nicht immer willkommen", sagt er. "Wir sind domestizierte Tiere, wir fühlen uns nicht immer wohl an Orten, die nicht für uns geschaffen sind. Der Designprozess ermöglicht, dass wir uns wohl fühlen.
Gartendesigner Dan Pearson
HEUREKA-MOMENTE
Innovation ist ja immer ein Verarbeiten oder Recycling bereits bestehender Ideen. Man muss nicht jedes Mal das Rad neu erfinden. Doch was bedeutet es für den Wert eines Patents, wenn plötzlich ein Algorithmus millionenfach Ideen auf den Markt wirft und der – in einem freien Land eigentlich offene – Weg der Erfindung dann gewissermassen gesperrt ist? Was bedeutet es für den Wissenschaftsprozess, wenn Heureka-Momente gleichsam automatisiert werden? Hängen wir womöglich einer veralteten romantischen Vorstellung eines Tüftlers nach, der in seiner Werkstatt eine Erleuchtung hat und eine bahnbrechende Erfindung macht?
Adrian Lobe
KEINE AHNUNG
Angesichts einer Intelligenzexplosion gleichen wir kleinen Kindern, die mit einer Bombe spielen: Die Unreife unseres Verhaltens wird nur noch von der Zerstörungskraft unseres Spielzeugs übertroffen. Die Superintelligenz stellt eine Herausforderung dar, für die wir weder jetzt noch auf absehbare Zeit gerüstet sind; wir haben so gut wie keine Ahnung, wann die Explosion erfolgen wird, doch wenn wir wollen, können wir das leise Ticken schon hören. (...) Weglaufen bringt auch nichts, denn eine Intelligenzexplosion würde die ganz Welt in Brand stecken. Ausserdem ist weit und breit kein Erwachsener in Sicht. (...) Aber vergessen wir nicht, was auf dem Spiel steht: Durch den Nebel der alltäglichen Kleinigkeiten hindurch lassen sich zumindest die Umrisse der entscheidenden Aufgabe unseres Zeitalters ausmachen.
Nick Bostrom
ÖKONOMISCHES SYSTEM
Die bestehenden Regeln stärken die Mafia, überall. Es geht nicht etwa um eine mafiöse DNA, auch ist es keine Frage der geografischen Verortung. Wenn wir über die Mafia reden, müssen wir über schwerfällige, verworrene Bürokratie sprechen.
Roberto Saviano
NICHT NUR IN DER ARCHITEKTUR
Wenn Raucher ihre Zigarette dicht gedrängt in einem Glassturz geniessen müssen, wie wir das auf Flughäfen und in immer mehr Firmengebäuden beobachten können, dann wollen wir damit längst nicht mehr die Nichtraucher schützen. Mit der absoluten Abwesenheit von Schönheit sollen sie gedemütigt werden. Wir haben mittlerweile ein ordentliches Problem mit dem Geniessen bekommen. Wir verbieten uns selbst immer mehr; durch Gesetze oder politische Korrektheit, nicht nur in der der Architektur: Bier ohne Alkohol, Zigaretten ohne Tabak, Mayonaise ohne Fett. Sex ohne Körperlichkeit. Wir nehmen den Dingen die eigentliche Substanz, ihre Wesen – so wie wie der Lebensumgebung ihre Schönheit.
Tarkes Leitner
GADDAFI-SYNDROM
Ich denke, es handelt sich (...) einfach um alt gewordenes Testosteron, das bei solchen Leuten in den Testikeln herumgammelt und nicht mehr oft genug herauskommt. Das ist ein Problem, vor dem kein Mann in den besten Jahren gefeit ist, der sein Geld damit verdient, Meinungen zu fabrizieren. Mich eingeschlossen. Ich nenne es das Gaddafi-Syndrom: Irgendwann bekommt man einfach nicht mehr mit, dass einen die Leute schon längst scheisse finden, und man begreift das erst, wenn man mit einer Eisenstange im Arsch aus einem Abflussrohr gezogen wird.
Jan Böhmermann
EIN TECHNISCHES PROBLEM?
Priester geniessen oft Respekt, aber auch einen schlechten Ruf. Wenn Ihr Auto stehen bleibt, gehen Sie zum Automechaniker. In der Ökonomie stellt sich jedoch die Frage, ob es überhaupt ein technisches Problem ist. Ich glaube, das ist es nicht. Es ist eher ein philosophisches, es betrifft die ganze Konstruktion der Ökonomie.
Tomas Sedlacek
AUFGEWACHT
Wir leben in einer Zeit, in der das Universum aufgewacht ist und sich seiner selbst bewusst wird. (...) Lasst uns dafür sorgen, dass die Weisheit siegt.
Stephen Hawking
GEHEIMNISKILLER
Merkst du nicht, für die Generation nach uns wird es gar keine Legenden mehr geben", sagt mein Bruder jetzt. Legenden müssen nicht immer gross sein, Legenden sind auch Erinnerungen, die mit der Zeit immer schöner werden. Die Ex Freundin, die nicht ganz so viele Pickel hat, wie sie in Wirklichkeit hatte. Die erste grosse Liebe, der ein richtig toller Typ war. Die Party damals: sensationell. Damals, als es noch keine Selfies und digitalen Tagebücher gab. »Geheimniskiller«, wie Özgür sie nennt.
Özlem Gezer
UNTERHALTUNG UND ESKAPISMUS
Ich brauche kein Internet, keinen Terrorismus, keine Klimaerwärmung und all diesen Mist, ich will Kolonien auf dem Mars und Jetpacks und fliegende Autos. Zukunftsvisionen eignen sich nicht mehr für Unterhaltung und Eskapismus, sagt Martin - dafür sind sie zu düster geworden.
George R.R. Martin, Autor der Vorlage von "Game of Thrones"
EINE MÖGLICHKEIT, DIE MAN ZERSTÖRT, WENN MAN SIE WÄHLT
...stammt aus einer Geschichte, in der der junge Michael Althen die Schauspielerin Jacqueline Bisset zum Interview trifft. Am selben Abend sieht er sie noch einmal bei einem Empfang, nun steuert sie zielsicher auf ihn zu und steckt ihm eine Visitenkarte zu. Darauf steht eine Telefonnummer in Los Angeles. Eine Telefonnummer ist eine Möglichkeit, die man zerstört, wenn man sie wählt.
Bert Rebhandl
DIGITAL VELLUM
Vint Cerf, a "father of the internet", says he is worried that all the images and documents we have been saving on computers will eventually be lost.
The solution is to take an X-ray snapshot of the content and the application and the operating system together, with a description of the machine that it runs on, and preserve that for long periods of time. And that digital snapshot will recreate the past in the future.
Vint Cerf
WAS MACHT EINEN GUTEN KLEMPNER AUS?
Ein effektiv arbeitendes Unternehmen bringt seine Mitarbeiter dazu, Identitäten anzunehmen, die der Produktivität förderlich sind. (George) Akerlos zentrale These ergibt sich aus einer einfachen Frage: 'Was macht einen guten Klempner aus?' Für ihn ist weder die technische Ausbildung noch eine gute Bezahlung der entscheidende Punkt, sondern der Identitätssprung zu der Aussage 'Ich bin einer guter Klempner'. Für einen Klempner, der diesen Sprung gemacht hat, wäre alles andere, als eine gute Arbeit zu leisten, nicht mit seiner Identität vereinbar.
Paul Collier
ENTLARVUNG & ENTDECKUNG
Jans Vermächtnis ist: Wenn Euch das Leben in eine Wahrnehmungstechnik spült, die Euch Entlarvung und Entdeckung ermöglicht, wenn Ihr also in der Lage seid, auf plausible Art aufgeblasene Stänkerfritzen und Popanze zu entlarven, macht das! Ihr müsst es machen, wenn es Euch auffällt. Ihr müsst aber auch Ja sagen, wenn Euch verschüttete Schönheiten auffallen, lobt sie einfach über den grünen Klee, damit sie als goldgelbe Dotterblumen neben den anderen goldgelben Dotterblumen stehen können. Jan konnte Ja und Nein sagen.
Friedrich Liechtenstein
FRAKTALNOIA & DIGIPHRENIE
Fraktalnoia bezeichnet die Tendenz, nach Mustern zu suchen, wenn es keine gibt. Wenn man zu viele Verbindungen herstellt, beginnt man Gespenster zu sehen. (...) Die Drohnenpiloten leiden mehr unter posttraumatischen Störungen als die regulären Piloten. Das liegt daran, dass die Drohnenpiloten es nicht ertragen, in der Früh Marmelade auf den Toast ihrer Kinder zu schmieren und dann Leute in Afgahnistan umzubringen. Digiphrenie ist der Stress dieser Parallelexistenz. Er entsteht, wenn man zugleich an mehreren Orten sein muss.
Douglas Rushkoff
BOLLWERK
Die Mahlzeit ist das Bollwerk gegen die Verwilderung.
Michael Pollan
BADESCHLOSS
Wir legen uns zu dem Baum, dort wo die Wurzeln hochkommen. Wir tragen unsere Blumenkostüme. Wir liegen Rücken an Rücken und jeder hält sein gelbes Yoyo fest.
Friedrich Liechtenstein
INFORMATIONSWOLKE
Die globale Informationswolke hüllt dich nicht nur ein - sie will du werden.Ein Schriftsteller stirbt, wenn er seinen eigenen Stil entwickelt hat.
Vladimir Sorokin
GOODBYE
Goodbye Pink Floyd - und für alle andern: Wer nicht aufhören kann, sollte gar nicht erst anfangen.
WEGSCHAUEN
Hilfe! Die Jungen haben keine Vergangenheit und keine richtige Zukunft, da haben sie nur die Gegenwart. Noch nie hatten wir so wenig Vergangenheit wie heute. Noch nie hatten wir so wenig Zukunft wie heute. Weil wir wegschauen und bald Kredite aufnehmen – wir, das Volk – damit die Volkswirte damit irgendwie doch noch
eine Inflation anzetteln, damit die Gewinne steigen.
Günther Dueck
HOSPIZ
Eine Tageszeitung am Kiosk kaufen, ist ein bisschen wie Opa im Hospiz besuchen.
@janboehm
OPA & KIOSK
Die Wanderung des Lesers. Auch so eine Wende. Das Digitale. Auch so ein neues Land. Muss man sich erst mal dran gewöhnen. Dauert. Ich bin nur ein einfacher Mann, sagt Herr Allenstein. Steht da in dem Laden, der weit weg ist von E-Paper, von Algorithmen und der „Huffington Post“. Und sagt einen ganz einfachen Satz: Wenn man die Zeitung umsonst ins Netz stellt, muss man sich doch nicht wundern, dass das Geschäft nicht mehr läuft. Sagt: Das ist Irrsinn. Im Laden kostet die doch auch was. Schulterzucken, watt soll ick machen. Ist jetzt eh zu spät. Und am Abend räumt er die Zeitungen in die Kiste, was immer ist, als würde man den Tag zu Grabe tragen. Altpapier und Internet. Hoffentlich, sagt Frau Allenstein, geht das noch ein Jahr gut. Das mit den Zeitungen. Dann gehen sie in Ruhestand, dann interessiert es sie nicht mehr. Bis dahin muss es noch, irgendwie. Herr und Frau Allenstein verkaufen seit einiger Zeit auch iTunes-Gutscheine. Herr und Frau Allenstein bieten seit einiger Zeit auch Trockenreinigung an.
Lucas Vogelsang
PLATONS HÖHLENGLEICHNIS
Anspruch und Anmassung der alten Medien waren es, diese eine Welt, die es möglicherweise nie gab, erst zu konstruieren und sie dann zugänglich zu machen, erklärbar, handhabbar. Das ist vorbei, und das ist gut so: Monopole des Wissens sind schädlich und gefährlich, und das, was gerade vor allem mit Print passiert, ist wie in Platons Höhlengleichnis - das, was man für die Welt hielt, waren nur die Schatten einer möglichen anderen Welt.
Georg Diez
SPIESSERTUM
Es gibt ein neues Spiessertum, der Spiessernachwuchs ist unübersehbar.
Manfred Deix
ZU ALLERHEILIGEN
Zu Allerheiligen im Jahr 1753 entwendete Casanova aus der Kommode einer Wiener Nonne deren gesamten Vorrat an Präservativen und hinterlegte dafür ein kleines Gedicht. Höflich wie er war.
Karte Unnützes Wienwissen, stadtbekannt.at
UNERFORSCHTES
Wenn die Wissenschaft unentdeckten Geheimnissen hinterher jagt, birgt das weniger Hollywood-Potenzial, als man annehmen würde: denn die Sensationen liegen mitunter vor unserer Haustür.
Bernhard Madlehner
ES SUCHT SICH SEINEN WEG
Das billige Geld ist wie Wasser - es sucht sich seinen Weg-
Robert Halver
SEHR GUT DARIN, DIE ZUKUNFT ZU SEIN
Wenn du älter wirst, wirst du weiser, aber auch weniger wagemutig«, sagt Sterling. »Du bist dann wohl besser darin, die nahe Zukunft als die ferne vorherzusagen.« Was langfristig geschehe, darüber würden vor allem die 24-Jährigen entscheiden: »Was die jetzt wollen, ist das, was in 20 Jahren wichtig ist, wenn sie alle wichtigen Entscheidungen treffen.« Es könne also nicht schaden, Zeit mit jungen Menschen zu verbringen, sie zu fragen, was sie cool finden und wofür sie ihr Geld ausgeben würden. Gut darin, selbst die Zukunft vorherzusagen, seien 24-Jährige aber nicht unbedingt, sagt Sterling: »Sie sind sehr gut darin, die Zukunft zu sein.«
Science-Fiction Autor Bruce Sterling
AXIOM
Those who enter exit, Those who exit enter.
Vincenzo Agnetti
HIRNFORSCHER
Zehn Jahre nach der Veröffentlichung des "Manifests der Hinforscher" bleibt ungeklärt, ob das Gehirn jemals das Gehirn verstehen wird.
Christian Weber
HABEN SIE EINEN VOGEL
Ich bin 9 Jahre alt und hätte gerne einen Vogel als Haustier, aber meine Eltern
erlauben es nicht. Aber ich darf auf einen Vogel aufpassen. Also wenn Sie einen Vogel haben und auf Urlaub fahren, dann rufen Sie mich bitte an.
Kleinanzeige im Falter.at
BEINFLUSST
Es gibt da eine Menge Leute, die mich beeindruckt haben: Marlon Brando zum Beispiel. Als ich älter wurde, habe ich begriffen, wie sehr ich Dinge von ihm angenommen habe
und ihn geradezu imitiert habe. Du bist automatisch von Leuten beeinflusst, die dasselbe machen wie du.
Al Pacino
WIE EIN KRIMINELLER
Wer im Netz ein Niemand sein will, ein unschuldiger, anonymer Niemand – der muss sich wie ein Krimineller benehmen.
Curtis Wallen
LETZTE INSTANZ
Unsere Haut grenzt uns von anderen ab, sie ist sozusagen die letzte Instanz
vor der Aussenwelt. Aber sie hat nicht nur Schutz-, sondern auch Kontaktfunktion.
Und wiegt einige Kilogramm.
Tiz Schaffer
HORDEN
Sie schimpfen über »alte weisse Männer«, die sich feminismuskritisch äussern. Diese schlössen sich »wütend« in »Horden« zusammen, was mich ein wenig an Affen erinnert, und schürten Ressentiments. Erlauben Sie dem alten weissen Mann eine Frage, Anna und Christina. Welche Hautfarbe haben eigentlich Sie? Offenbar sind Sie beide jung und schwarz. Was meinen Sie, ab welchem Alter darf man Sie als wütende Affenhorde bezeichnen?«
Harald Martenstein
WE ARE MÜESLI
Strange things happen in Episode 0 when 17-year-old punk rocker Hoodie meets a weird man who seems to know too much about the world(s)
of 16th century Dutch painter Jheronimus Bosch. The mystery unfolds in Episode 1,
where the destinies of three women will intertwine with the greatest masterpieces by the artist of the »Garden of Earthly Delights«.
cavecavedeusvidet.com
KREATIVITÄT
Mein Gefühl ist, dass für den kreativen Prozess Isolation notwendig ist, sagt er. Der Kreative arbeitet ständig. Sein Geist wirft die Gedanken immerzu hin und her, auch wenn er schläft oder gar nicht bewusst daran denkt. Anwesenheit von weiteren Personen? Die würde nur stören. Erfinden ist peinlich. Auf jede gute Idee kommen Hundert, Tausend schlechte, die man nicht unbedingt Anderen zeigen will. Wenn man trotzdem in einer Gruppe arbeiten müsse, dann mit maximal fünf Personen. Alles andere, meint Asimov, führe zu nichts.
POSSIBILIST
Ein melancholischer Possibilist (...) muss sich gegen die Shitstorm-Kultur abschirmen.
Matthias Horx
DAS ALLERNEUSTE
(...) Zwar sehen wir das nicht bei allen Sachen so. Fast niemand wünscht sich zum Beispiel eine Stiefmutter als neueste Version der Mutter, nur weil die eigene schon eine Weile da ist.
Jürgen Kaube
MEIN PROBLEM
Wenn das die Lösung ist, will ich mein Problem zurück.
Nelly Arnold
ALMOST LIKE THE BLUES
I have to die a little
Between each murderous thought
And when I'm finished thinking
I have to die a lot
There's torture and there's killing
And there's all my bad reviews
The war, the children missing
Lord, it's almost like the blues
Leonard Cohen (»Popular Problems« Song)
ES GEHT SCHON WIEDER UM ALLES
Es ist sehr gefährlich, wenn man den Leuten immerzu sagt, dass es um alles geht.
Jakob Augstein
VORGABE
Es gibt eine moralische Vorgabe, den Planeten gesund zu halten.
Valerie Rockefeller Wayne, Ur-Ur-Enkelin von John D. Rockefeller
JENSEITS VON MARKT & STAAT
Uns dämmert eine ganz neue Realität, die zu erfassen uns noch schwerfällt.
Wir haben uns die Ökonomie der Knappheit derart einreden lassen, dass wir an die Möglichkeit einer Überfluss-Ökonomie nicht so recht glauben wollen.
Aber sie ist möglich.
Jeremy Rifkin
HENNEN
Mit Hennen muss man leise sprechen, die darf man nicht zuquatschen. Weil diese Henne nicht gerne auf Tournee geht, halte ich mich weitgehend von Leuten fern. Eine Stunde vor dem Auftritt sage ich auch kein Wort. Und dann weiss ich oft immer noch nicht, wie es klingen wird.
Led-Zeppelin-Frontmann Robert Plant
RÜCKZUGSGEBIET
Surfen Sie nicht im Internet, gehen Sie nicht hinaus auf die Strasse, sprechen Sie die Drohnen nicht persönlich an. Zerstören Sie einfach das Telefon und den Computer, und nehmen Sie den Hinterausgang Ihres Hauses, Ihres Appartements, Ihrer Hütte oder Ihres Schuppens, und vergraben Sie sich im Dreck. So etwas nennt man demokratische Wahl. Man nennt es auch Rückzugsgebiet.
T. C. Boyle
NEOFEUDAL
Wir dürfen uns nicht von der Rhetorik von Innovation, Disruption und Unternehmergeist täuschen lassen: Wir treten in ein neues Zeitalter des Feudalismus ein, in dem eine Handvoll amerikanischer Technologiefirmen den Rest von uns in das undemokratischste Projekt in der Geschichte der Menschheit hineinzieht.
Aus dieser Sackgasse gibt es keinen Ausweg, der nicht damit beginnt, dass sich die Nationen mit aller Kraft bemühen, ihre technologische Souveränität zurückzugewinnen. (...) Es bedeutet, in starke, staatseigene technische Infrastrukturen zu investieren, die sowohl Cyber-Attacken als auch den Launen der technofeudalen Unternehmen standhalten können. Es bedeutet, eine staatliche Strategie für Künstliche Intelligenz zu entwickeln, die erkennt, dass KI in den kommenden Jahrzehnten der Schlüssel zur strukturellen Umwandlung der Wirtschaft sein wird, und sicherzustellen, dass ausländische Unternehmen nicht ihre eigene profitgetriebene Agenda in diese Strategie einbauen. Es bedeutet auch, Allianzen zwischen Ländern oder regionalen und transnationalen Blöcken zu schließen, denen die Dominanz des Silicon-Valley-Modells unheimlich ist.
Evgeny Morozov
UNABWEISBAR
Es stellt sich als unabweisbar heraus, eine liebgewordene Position aufzugeben, die aus dem praktischen Leben, dem vorwissenschaftlichen Denken stammt und von eilfertigen Philosophen in die unantastbare Höhe ewiger Denkkategorien erhoben wurde: den naiven Kausalitätsbegriff.
Richard von Mises
DEMIURGISCHE EINGRIFFE
Was aus meiner Werkstatt kommt, soll mindestens so gut wie das Original sein, wenn nicht besser. Lesen muss Spass machen, auch dann, wenn es um Dinge wie Thermodynamik oder Quantenteleportation der die Geschichte des Kaddisch geht.
Friedrich Griese, Übersetzer
LANGSAM GEHEN
Chi va piano va sano e – va lontano.
Wer langsam geht, geht gesund und weit.
(Redewendung in Umbrien)
HAUS
Je höher die Bauten, desto tiefer die Moral.
Noël Coward
NICHT FÜR ALLE ZEITEN
Man sollte nicht denken, dass man gesellschaftliche Fragen für alle Zeiten beantworten kann.
Günter Gaus
ALLES BEIM ALTEN
Eigentlich bleibt auf dem Toni-Areal alles beim Alten: Ohne Kultur lief es beim Joghurt auch nicht.
Headline Inserat Swiss Re zum ZHdK Toni-Campus
PORZIA
Es darf nicht sein: kein Anseh'n in Venedig Vermag ein gültiges Gesetz zu ändern. Es würde als ein Vorgang angeführt, Und mancher Fehltritt nach demselben Beispiel Griff' um sich in dem Staat; es kann nicht sein.
William Shakespeare
NICHTS
Nichts ist so wie es scheint.
Filmtitel 1998, Hans-Christian Schmid
AUF DIE COUCH
Es wird Zeit, dass wir die Algorithmen auf die Couch schicken.
Harald Staun
DA WO RABLAIS UNTERTAUCHTE
Man muss es machen wie die Herren zu Metz, die lassen's geschehen, wenn es regnet. Eine Redensart
HELDEN
Ich eigne mich einfach nicht zum Helden. Auch Heilige gibt es relativ wenige auf dieser Erde.
Hans Magnus Enzensberger
MATRIXSATZ
Ob er gehört hat, dass sie ihn liebt, weiss ich nicht.
Der Hauptsatz weiss ich nicht, ist dem ob-Satz übergeordnet
und somit sein Matrixsatz. Der ob-Satz ist wiederum der Matrixsatz zu dem Objektsatz dass sie ihn liebt.
NHS MATRIX
JENSEITS VON MARKT & STAAT
Uns dämmert eine ganz neue Realität, die zu erfassen uns noch schwerfällt. Wir haben uns die Ökonomie der Knappheit derart einreden lassen, dass wir an die Möglichkeit einer Überfluss-Ökonomie nicht so recht glauben wollen. Aber sie ist möglich.
Jeremy Rifkin
SELBER
Geräte kann man benutzen, Information sind wir selber.
Bernd Graff
SONDERBAR
Ich frage mich, ob Professorinnen und Professoren im Durchschnitt intelligenter sind als Arbeiter. Zweifellos gibt es Arbeiter, die intelligenter sind als die meisten Professoren. Aber im Durchschnitt wird wohl ein Zusammenhang zwischen einer akademischen oder anderweitig intellektuellen Karriere und der Intelligenz bestehen, alles andere wäre sonderbar.
Harald Martenstein
OBSZÖN
Obszön ist, was unützerweise sichtbar, ohne Notwendigkeit, ohne Wunsch, wirkungslos ist.
Jean Baudrillard
ANSEHEN & VERWENDBARKEIT
Es ist an der Zeit, das Ansehen der Grossväter und ihrer Verwendbarkeit
zu verbessern.
Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards
SEHR TRÖSTLICH
Wenn man sich die Welt erklären will, wenn man für das, was passiert, ein »Warum« braucht, um nicht wahnsinnig, drogenabhängig oder Schlagerfan zu werden - dann ist die Vorstellung, es gäbe entscheidende Schlüsselmomente, sehr tröstlich.
Sascha Lobo
MÜLLMANN
Der Müllmann ist da. Sag ihm, wir brauchen nichts!
Chico & Groucho Marx
WIRKLICHKEIT
Die Wirklichkeit ist ein Gerücht.
Florian Rötzer
DAMALS
Denken bedeutet heute nicht mehr Diskurs, sondern politisch korrektes Korrektiv der Masse. Foren. Blogs. Shitstorms. Bullshit. (...) Wir erfahren zu viel und wissen zu wenig.
Sybille Berg
DINGE
Mittlerweile ist schon so viel Gras über viele Dinge gewachsen, dass man keiner Wiese mehr trauen kann.
John Ment