Nachtschattengewächs

Die Alraunwurzel/Mandragora) erinnert von ihrer Form her an einen menschlichen Körper. So kommt es, dass sich eine Vielzahl von Legenden um dieses hochgiftige Nachschattengewächs rankt, dessen Wirkung derjenigen der Tollkirsche, des Bildenkrauts und des Stechapfel ähnelt.

(Abb. aus Jean-Marie Pelt, Die Geheimnisse der Heilfplanzen, Knesebeck)

3d Interpretatio der historischen Illustration, 3d Renderings, 2020

 
Macht mächtig reich
oder wahnsinning tot ...

Dass im XVI. Jahrhundert der Glaube an den glückbringenden Alraun sehr verbreitet war, geht unter anderem auch aus einer Aufzeichnung des Del Rio (Anm. spanischer Mineraloge und Chemiker, 1764–1849) hervor, in welcher er sagt: „Als ich anno 1578 das richterliche Ampt anoch verwaltet ist mir under eines beklagten Licentiaten confiscirten Schriften, neben einem mit wunderlichen Charakteren, Buchstaben und Zeichen erfüllten Zauberbuch, auch ein Lädlein wie ein Todtensarg formieret, zur Hand gekommen, in welchem ein alt schwarz Alraunmännlein gelegen mit sehr langem Haar, aber ohne Bart, welches zu Zauberei und Vermehrung des Geldes gebraucht worden. Ich habe die Arm von dem Alraun weggerissen. Die welche das gesehen, haben gesagt es werde mich zu Haus ein gross Unglück angehen. Ich habe aber darüber gelacht und gesagt, wer sich förchte der könne wohl hinweg gehen.

Ich habe endlich das Buch, Lädlein und Alraun-Männlein in das Feur geworffen und hievon keinen anderen Geruch als von einer verbrannnten Wurzel gerochen.“ – Del Rio war also für seine Zeit sehr aufgeklärt und seine Kühnheit einen Alraun zu verbrennen, mochte wohl für verwegen gegolten haben. Indessen ist es doch Schade, dass er den Alraun und besonders dass er das Zauberbuch vernichtete, da solche Denkmale sehr selten geworden sind. Auch Anhorn spricht in seiner Magiologie vom Alraun und liess ihn auf dem Titelkupfer zwischen einem Wahrsager und einem Crystallseher abbilden. Er sagt, dass der Alraun von „Gottes und ihres Heils vergessenen Leuten“ unter den Galgen und Hochgerichten gesucht werde, dass er aus dem von Gehenkten ausgelassenen Harn wachse, dass er mittelst eines schwarzen hungrigen Hundes gegraben und heimlich in einem Kästchen aufbewahrt werde, dass er zu gewisser Zeit gebadet, täglich mit dem Nöthigen versorgt, und in gewisser Frist mit einem neuen Gewand bekleidet werden müsse. Er führt ferner an, dass dieser Heinzelmann oder Hausgott zum Wahrsagen, zur Vermehrung des Geldes und zur Fruchtbarmachung der Hausfelder diene, dass er aber, wenn er nicht gehörig geehrt wird, schreie und weine wie ein kleines Kind. In der Folge fügt Anhorn hinzu: »Dieser Alraun ist nichts anders als eine natürliche Wurzel, in und bey deren der lebendige Teufel selber sich den Geitzigen zu dienen, darstellet, damit er von ihnen als ihr Gott und Gutthäter hinwiederumb geehret werde – und reisset endlich die Seele anstatt des Zinses in den Abgrund der Höllen“ Nicht uninteressant ist es, dass Jeanne d'Arc einen Alraun gehabt haben soll.«

A. R. v. Perger, Über den Alraun, 1875