Taubheit von Maschinen
Während die einen nichts zu sagen haben, können die anderen gar nichts sagen. 85 Millionen Menschen auf der Welt stottern. Sie vermögen sich im Medium der Sprachsteuerung nur schwer verständlich zu machen. Wenn künftig immer mehr Kommunikationsvorgänge sprachgesteuert sind und die künstliche Intelligenz keine nennenswerten Fortschritte erzielt, werden Menschen mit Sprechbehinderung benachteiligt – und diskriminiert.
Eine Gesellschaft, in der Kommunikation und letztlich auch Mitsprache nur noch biologisch vermittelt ist, ist totalitär. Womöglich müsste man sich angesichts der Ubiquität der Sprachsteuerung Gedanken über eine Verschlüsselung seiner Stimme oder eine künstliche Taubheit von Maschinen machen, um seine Identität und Souveränität zu wahren. Wenn künftig Maschinen unser innerstes Seelenleben offenlegen und den binären Code Sagen/Nichtsagen zu einer Aussagepflicht umcodieren, dann droht das Kommunikationssystem einzustürzen. Und die freie Gesellschaft, die darauf aufbaut, auch.
Autor Adrian Lobe in einem NZZ-Beitrag (10.4.2019) mit dem Titel »Die Stimme verrät uns dem Roboter«