Gockel

Nicht kleiner als 120 Zentimeter in Höhe und Breite dürfen Kirchturmhähne sein, um von unten als Exemplar von Gallus gallus erkennbar zu sein. Das geflügelte Tier aus Edelstahl oder Kupfer ist auf einer Kugel befestigt, dank derer es sich weder zu leicht und schnell noch zu schwerfällig in den Wind drehen soll. (...)

Kommt ein neuer Hahn auf den Turm, geschieht dies unter dem Vollzug interessanter Rituale.

Zunächst wird der Metallvogel in seiner Kirche geweiht und einige Zeit ausgestellt. Danach nehmen ihn die Handwerker, die ihn angefertigt haben, mit sich und stellen ihn in jedem Haus der Gemeinde vor. Erst wenn alle Dorfbewohner ihn aus der Nähe gesehen haben, erklimmt ein Dachdecker oder ein Indus­triekletterer über die Steigeisen im Kirchendach den Turm und befestigt den Gockel.

Von seiner Schönheit und Pracht durften sich die Gläubigen aus der Nähe überzeugen, um sich später daran zu erinnern, dass der Hahn weit über ihren Köpfen thront und sie von oben herab zu Aufrichtigkeit, Treue und Mut mahnt, die Verräter aber unter ihnen zur Reue auffordert.  (Wiebke Hüster)